von Dr. Hans Schachl, Pädagoge
Digitale Errungenschaften sind weltweit massiv im Vormarsch und beeinflussen unser ganzes Leben. Wie sollen wir die Kinder darauf vorbereiten? Oft wird gefordert, dass die Beherrschung digitaler Techniken bis hin zum Programmieren möglichst frühzeitig gelernt werden muss. Aber ist das kindgerecht und vor allem gehirngerecht? Die Vorbereitung unserer Kinder und Jugendlichen und auch das Lernen mit neuen Medien ist so zu gestalten, dass es den natürlichen Grundlagen des Gehirns entspricht. Wie lernt unser Gehirn? Dazu wäre vieles zu sagen, aber beschränken wir uns auf einige grundlegende Aussagen: Neugierde, Interesse, Motivation, Freude sind unabdingbar für gehirngerechtes Lernen! Die Neugierde treibt uns von Anfang an; sie ist Basis aller Entwicklung bis hin zur Wissenschaft.
Kinder haben große Lust am Entdecken, Erforschen, Gestalten. Dafür sind wichtige Hirnvorgänge verantwortlich: Elektrische Vorgänge werden bei neuen Dingen gesteigert, bei faden reduziert, mit Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit. Beim freudvollen Spielen sind chemische Stoffe aktiv, die das Lernen und Behalten erleichtern. Das passiert besonders in Hirngebieten, ohne die das Lernen nicht stattfinden könnte, so wie im Arbeitsspeicher (mit dem Namen Hippocampus) und im sogenannten Belohnungssystem. Der Name weist schon auf die wesentliche Bedeutung der Freude, des Lobes, des Erfolgs hin. Daher darf bei den Aktivitäten der Kinder nicht gleich auf die Fehler hingewiesen werden, sondern zunächst sind die positiven Leistungen zu loben. Beim Lernen gehört das Machen von Fehlern selbstverständlich dazu. Auch und gerade Kinder müssen über die Ursachen von Misserfolgen nachdenken, warum z. B. der Spielzeugturm umgefallen ist. Eine zu rasche und häufige Konzentration auf die Fehlerkorrektur behindert Kreativität und Phantasie. Eine zentrale Forderung hinsichtlich der Vorbereitung auf die Zukunft ist die nach mehr Kreativität! Damit ist nicht nur die künstlerische Kreativität gemeint, sondern die ganze Fähigkeit, Originelles hervorzubringen. Kreativität wird deswegen auch für die Wirtschaft als grundlegend angesehen, weil sie die Basis ist für Innovationen. Ist Kreativität eine Funktion des Gehirns? Ja, was denn sonst! Eine wichtige Rolle spielt das sogenannte Basis- oder Ruhe-Netzwerk, bestehend aus verschiedenen Hirngebieten. Im Namen wird schon sehr Wichtiges ausgedrückt: Die Bedeutung von Ruhe und Zeit für das Zustandekommen kreativer Einfälle spielt auch für die spielerischen Aktivitäten der Kinder eine große Rolle. Also: Nicht dauernd das Versunkensein in das Spielen unterbrechen, sondern die Kinder in Ruhe lassen! Auch Pausen (vor allem mit Bewegung) sind sehr hilfreich für das Gehirn. Nicht vergessen darf man auf die vielen Möglichkeiten von Musik und bildnerischen Tätigkeiten! Noch ein Wort zur „digitalen Welt“ der Kinder: Die verschiedenen Geräte und Apps faszinieren, machen neugierig und faszinieren, wären also durchaus lernfördernd. Aber zu beachten ist: Die Entwicklung des kindlichen Denkens braucht das „Begreifen“ durch das „Angreifen“, die „natürliche“ Anschaulichkeit, das Dreidimensionale der verschiedenen Spiele, bevor zum Tablet übergegangen werden kann. Digitale Medien haben auch Risiken für die Kinder, je jünger, umso mehr. Zu nennen sind hier z. B. die elektromagnetische Strahlung, die sich ja gigantisch vermehrt hat und immer noch vermehrt. Auswirkungen auf geistige Funktionen, Schlaf, Bewegungsmangel, Sucht werden berichtet. Oberste Priorität hat immer noch das natürliche Umfeld, die Natur! Begreifen (angreifen) mit allen Sinnen kann nie durch die „Motorik“ der Tastatur- und/oder Bildschirmbedienung ersetzt werden.
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